Auswertung der Bürger*innen-Befragung


Die Öko-Modellregion Landkreis Goslar hatte in diesem Herbst eigentlich einen sogenannten Bürgerworkshop geplant. Unser Ziel war es, die Bedürfnisse und Erwartungen von Bürgern und Bürgerinnen in Bezug auf regionale Bio-Lebensmittel kennenzulernen. Corona hat diesen Plan  durchkreuzt. Um die Zukunft der Öko-Modellregion dennoch auf einer seriösen Basis planen und gestalten zu können, haben wir als Alternative eine Bürgerumfrage durchgeführt. Jetzt stellt sich heraus, dass die Umfrage eine hervorragende Idee war und als Auftakt womöglich besser geeignet ist als ein Workshop.


Die Beteiligung an der Umfrage war unerwartet hoch: 177 Interessierte haben die 18 Fragenkomplexe beantwortet und wertvolle Hinweise und Informationen geliefert. Mitgemacht haben 93 Frauen und 84 Männer ‒ die große Mehrheit (133) ist zwischen 30 und 65 Jahre alt, 34 sind älter als 65 und nur 10 jünger als 30 Jahre. Dafür ein ganz dickes Dankeschön an alle Beteiligten!


Im Folgenden haben wir die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst (Prozentzahlen sind auf ganze Zahlen jeweils auf- oder abgerundet). Sie können sich aber auch gern alle Einzelergebnisse in der Gesamtauswertung als PDF-Datei anschauen:

Bio und regional gehören für die Mehrheit zusammen 

83 % geben an, die regionale Herkunft der Lebensmittel sei ihnen wichtig oder sogar sehr wichtig. 72 % finden beim Einkauf auch die ökologische Produktion entsprechend wichtig.  Dabei ist zu bedenken, dass bevorzugte Produkte wie z.B. Backwaren, Käse, Milch- oder Fleischprodukte In Bio-Qualität und regionaler Herkunft hier noch kaum verfügbar sind. Insofern sind diese beiden Zahlen für die künftige Arbeit der Öko-Modellregion sehr vielversprechend und Ansporn, die beiden Zahlen einander auf hohem Niveau anzugleichen.

Bio-Gemüse ist der Hit

Die meistgekauften Bio-Produkte sind allen voran Gemüse (66 %), es folgen Eier (64 %), Kartoffeln und Milchprodukte (jeweils 51 %). Auch Bio-Fleischwaren (41 %) und -Honig (38 %) sind recht beliebt. Immerhin knapp 17 % aller Befragten kaufen sämtliche Lebensmittel in Bio Qualität! Auffallend niedrig ist die Quote bei Bio-Backwaren mit knapp 20 % ‒ was aber kaum verwundern kann, da es diese in Bäcker-Qualität bislang nur im Bio-Supermarkt gibt. Die Herausforderungen für die Öko-Modellregion: die beliebtesten Lebensmittel in ausreichender Menge zu erzeugen, bei Milchprodukten, Fleisch- und Backwaren in die Offensive zu gehen und Erzeugungskapazitäten in der Region zu schaffen.

Wink mit dem Zaunpfahl an die Gastronomie

Um keine Extra-Umfrage unter Touristen starten zu müssen, haben wir in diesem Fragebogen abgefragt, wie wichtig Ihnen die regionale/saisonale Ausrichtung der Speisekarte in einem Restaurant im Urlaub bzw. in der Heimatregion ist. 
Das Ergebnis: 62 % gaben an, dass ihnen bei einem Restaurantbesuch im Urlaub eine regionale/saisonale Ausrichtung der Speisekarte wichtig bis sehr wichtig ist. Für nur 48 % dagegen ist dieses auch in der Heimatregion von Bedeutung. Für die Öko-Modellregion - die ja zugleich eine Touristenregion ist - ist dieses Ansporn, auch und gerade im Bereich der Gastronomie Kooperationspartner/innen zu suchen.

Internet und Zeitungen/Zeitschriften wichtigste Informationsquellen

Welche Informationsquellen nutzen Interessierte in Bezug auf die Produktionsweisen von Bio-Lebensmitteln vorwiegend? Klare Antwort: Internet (63 %) und Zeitungen/Zeitschriften (60 %)! Im Mittelfeld liegen Hofführungen, Betriebsbesichtigungen sowie Fernsehen, Filme und Videos. Lediglich knapp 11% stecken hierfür ihre Nase in ein Buch.

Beliebteste Einkaufsoptionen: Supermarkt, Wochenmarkt und Vorbestellung mit Abholung

Mit großer Spannung gewartet haben wir auf die Ergebnisse bei der Frage, welche Einkaufsmöglichkeiten die Teilnehmer/innen bevorzugen. Die große Mehrheit (61 %) der Befragten wünscht sich die Verfügbarkeit bio-regionaler Lebensmittel im Supermarkt. 
48 % erwärmen sich für die Möglichkeit, bio-regionale Lebensmittel vorzubestellen und dann an einem zentralen Ort abzuholen und 37 % möchten diese gern auf dem Wochenmarkt kaufen. In der Altersgruppe der über 65-jährigen liegen die Prioritäten anders: Hier befindet sich der Wochenmarkt auf Platz 1, der Supermarkt auf Platz 2 und “Bestellung abholen” landet auf Platz drei. Diese Ergebnisse bedeuten eine große Herausforderung für uns: Da unser Anspruch ja ist, das Potenzial an möglichen Kunden und Kundinnen soweit wie möglich zu heben, müssen wir hier Konzepte entwickeln, die den Interessierten möglichst weit entgegenkommen. Das wird eine spannende Aufgabe!

Bürger und Bürgerinnen wollen sich beteiligen und die Öko-Modellregion mitgestalten

Die Frage, ob eine gemeinschaftliche Finanzierung von Projekten in der  regionalen Bio-Lebensmittel Erzeugung vorstellbar wäre, beantworten überraschend viele mit JA:  Knapp 35 % wären eventuell bereit, eine “Patenschaft” für z.B. ein Tier, ein Produkt, eine Fläche inklusive Teilhabe an der Ernte zu übernehmen, knapp  31 % können sich eine Beteiligung an der  Finanzierung z.B. von Flächen oder im Rahmen einer Genossenschaft vorstellen und 27 % erwärmen sich für den Gedanken der "Solidarischen Landwirtschaft".  Alle drei Modelle eint der Grundgedanke, (künftigen) Erzeugern von Bio-Produkten eine gewisse Sicherheit zu geben bzw. eventuelle Risiken auf viele Schultern zu verteilen.

Langer Wunschzettel für bio-regionale Lebensmittel bietet zahlreiche Chancen für erzeugende und verarbeitende Betriebe

Es gibt eigentlich nichts, was sich die Umfrage-Teilnehmer/innen nicht wünschen. Milchprodukte und Käse, (Geflügel-)Fleisch und Wurstwaren, Fisch, Pilze, Kräuter, Obst und Gemüse und vieles mehr stehen auf der Hitliste. Besonders auffällig: Die Nachfrage nach alten Getreide-, Obst-und Gemüsesorten, aber auch nach alten Tierrassen scheint groß zu sein. Auch dürfte die Frage erlaubt sein, warum es im Harz mit seinen zahlreichen Gewässern eigentlich keine Bio-Forellen gibt? Denn auch Fisch wird gewünscht.

Ihre Botschaften und Wünsche an uns

Besonders gefreut haben wir uns auch über die zahlreichen Kommentare, die die Teilnehmer*innen uns mit auf den Weg gegeben haben. Wir versichern Ihnen, dass wir kein Ergebnis und keinen Kommentar dieser Umfrage unbeachtet lassen - wir werden Ihre Mitteilungen an uns gern aufgreifen, wo immer sich die Gelegenheit bietet.

Die Erwartungen an die Öko-Modellregion sind hoch 

Die auf mindestens drei Jahre angelegte Öko-Modellregion befindet sich im Moment ja erst am Anfang ihrer Arbeit, doch die Erwartungen sind bereits hoch. Diese Umfrage zeigt einmal mehr, dass das Potenzial für bio-regionale Lebensmittel im Landkreis sehr groß ist. Die größte Herausforderung liegt darin, verarbeitende Betriebe im Landkreis anzusiedeln ‒ damit aus dem regional erzeugten Bio-Mehl Brot und Brötchen werden kann, aus der Milch Joghurt und Käse, aus überrreichlicher Gemüseernte vielleicht Konserven und aus den bereits vorhandenen Bio-Tieren auch Bio-Wurst und -Fleisch. Hier bieten sich Chancen für verarbeitende Betriebe, aber auch Manufakturen oder Erzeuger von Produkten, die auch ohne umfangreiche Agrarflächen Bio-Lebensmittel produzieren können (z.B. Pilze oder Kräuter).

 

Es gibt viel zu tun! Wir freuen uns auf die Zukunft, auf die Zusammenarbeit von Landwirtschaft, Politik, Wirtschaft, Verarbeitern, Gastronomie und vor allem auch auf den weiteren intensiven Austausch mit den Menschen vor Ort, mit Ihnen!