Bruderhähne sollen leben
Die Bio-Anbauverbände wie Bioland, Naturland oder demeter lehnen die "In-Ovo-Geschlechtsbestimmung" - also die Geschlechtsbestimmung im Ei mit anschließender Vernichtung bzw. Verarbeitung in der Industrie ab.
Die Begründung: Männliche Küken würden auch mit der In-Ovo-Geschlechtsbestimmung dem Streben nach maximalem Profit untergeordnet und getötet und als nutzlos "entsorgt" – nur ein bisschen eher. Deshalb bemühen sich die Verbände, hier andere, ethisch vertretbare Lösungsansätze zu finden.
Derzeit werden Hühner entweder auf Legeleistung oder auf Fleischansatz hin gezüchtet. Was zur Folge hat, dass die "Legelinie" nur wenig Fleisch ansetzt und die Bruderhähne daher als wirtschaftlich uninteressant gelten. Die "Fleischlinie" hingegen setzt zwar schnell und ordentlich Fleisch an, produziert aber wenig Eier. Die Hennen erreichen die Schlachtreife bereits vor der Legereife.
Hier berichten wir Ihnen, wie die Betriebe in der Öko-Modellregion mit dieser Herausforderung umgehen:
Biohof Schieren Eichen
Der Biohof Schieren Eichen in Lutter a. Bbge. ist der größte Legehennenbetrieb in unserer Öko-Modellregion. Als Vertragsbetrieb des Naturland-Verbands setzt der Betrieb zunächst auf die Kooperation mit der Packstelle, an die die Eier ausgeliefert werden. Die Packstelle kauft bei der Brüterei dann auch die Bruderküken und zieht diese auf. Das Fleisch der Bruderküken wird zu verschiedenen Produkten/Fertiggerichten verarbeitet wie z.B. Salami oder Frikassee.
Die Aufzucht der Bruderhähne bedeutet einen deutlichen finanziellen Mehraufwand, der höher ist als der Ertrag, der mit der Vermarktung der Bruderhähne erwirtschaftet werden kann. Die Kosten trägt der Biohof. Logischerweise müssen die Eier für die Verbraucher/innen deshalb dann mehr kosten als bisher.
Aber nicht zuletzt ist es ja das Verdienst der Verbraucher/innen, dass es endlich ein Umdenken gibt und männliche Hühner von Legerassen nicht mehr als nutzloser Abfall entsorgt werden dürfen.
Birkenhof
Auch der Birkenhof in Goslar setzt auf die Aufzucht der Bruderhähne - seit Neuestem auch auf dem eigenen Hof. Über diese spannende Entwicklung haben wir die Betriebsleiterin in einer Podcast-Folge interviewt >>
Um die Vermarktung des Bruderhahn-Fleisches zu fördern, bietet der Birkenhof in seinem Hofladen verarbeitetes Bruderhahnfleisch in Form von Würstchen, Frikadellen, Hamburger usw. der Bioland-Schlachterei Roth in Witzenhausen an.
Die Zusammenarbeit mit der Schlachterei Roth läuft schon länger, der Birkenhof hat deshalb bereits sehr gute Erfahrungen mit den qualitativ hochwertigen Produkten gemacht.
Übrigens, grundsätzlich gilt für alle Verbraucher/innen: Wer Eier kauft, sollte konsequenterweise auch einmal ein Suppenhuhn und Bruderhahn-Produkte genießen. Denn die Tiere, die uns versorgen, sind eben keine Maschinen, die man verschrottet, wenn man sie nicht mehr braucht.
Thudts Hof
Thudts Hof in Seesen/Herrhausen wird einen anderen Weg gehen. Statt Aufzucht der Legehennen-Brüder sind künftig Zweinutzungshühner angesagt. Diese Hühner werden sowohl auf Legeleistung als auch auf Fleischansatz gezüchtet - was dann aber bedeutet, dass sie nicht so viele Eier legen wie reine Legerassen und nicht ganz so viel Fleisch ansetzen wie reine Masthühner. Die Anbauverbände favorisieren diesen Ansatz und halten ihn langfristig für den richtigen Weg - da er mit den Grundsätzen ökologischer Tierhaltung am besten vereinbar sei.
Die Hennen und Hähne der Zweinutzungsrasse werden so beide auf dem Hof leben und dank einer mobilen Schlachterei aus Bad Salzdetfurth schließlich als ganze Tiere über den Hofladen vermarktet.
Aber auch hier gilt: Die Haltung von Hennen und Hähnen einer Zweinutzungsrasse ist für den Betrieb unter dem Strich kostenintensiver - das Ei muss also mehr kosten. Aber das ist es uns allen sicher wert!!!